Nachruf Dietmar Schulz

Mehr als 40 Jahre Liebe zum Norwich Terrier

Auch wenn es die letzten Jahre gesundheitsbedingt ruhig geworden ist um die Zuchtstätte „vom Litzlbach“, hat uns die Nachricht vom Tod von Dietmar Schulz im Alter von 80 Jahren doch schwer getroffen. Es ist sicher nicht zu hoch gegriffen, wenn man sagt, eine „Norwich-Legende“ ist nicht mehr.

Begonnen hat die Liebe zu Terriern 1974 mit einem Foxterrier, einem Geschenk für seine Tochter Andrea zum neunten Geburtstag. Ein Jahr später, im August 1975, wurde dann der Zwinger „vom Litzlbach“ beim Klub für Terrier angemeldet; der Name rührt übrigens von einem kleinen Bach her, der an der damaligen Grundstücksgrenze entlang mäanderte. Gezüchtet wurden zunächst West Highland White Terrier, später folgten Dandie Dinmont Terrier und Cairn Terrier.

Es mag 1976 oder 1977 gewesen sein, als Dietmar Schulz die wohl nobelste Hundeschau der Welt besuchte: Crufts, die damals noch im Earls Court in London stattfand. Am Ring 26 tummelten sich kleine rote und schwarz-rote, stämmige Terrier. Dietmar war auf den ersten Blick in die Norwich Terrier verliebt. Es war damals gar nicht so leicht, einen Norwich Terrier aus England zu bekommen. Die Züchterschar war klein, ihm wurde viel Geduld empfohlen. Dietmar erzählte gern die Anekdote, dass er zwei-, dreimal jährlich nach England gefahren sei und sich vornehmlich an die Damen unter den Norwichzüchtern heran gepirscht habe. Nach ungezählten Flaschen süßen Likörs und ebenso vielen Blumensträußen begann sich Erfolg anzukündigen. Ein Norwich Terrier rückte in greifbare Nähe. Wirklichkeit wurde für ihn sein Traum aber erst, als Dietmar auf Anraten von Martin Phillips (Jaeva) anstatt Likör einen Gin als Gastgeschenk überreichte. So kam im April 1980 das erste Pärchen, ein black-and-tan- Rüde und eine zuchtreife rote, sehr kleine Hündin aus dem Zwinger Wemakaro´s in die Oberpfalz. Dennoch war es nach wie vor schwierig, eine genügend große Zuchtbasis aufzubauen. Dieses Problem löste sich erst, als Mrs. Margaret Cullis auf der Windsor Show 1983 fragte: „Dietmar, why are you not a member of our club?“ – „Because I´ve no proposer and no supposer!“ – „Oh, this is the simplest in the world, let us go to Eunice!“ Am selben Tag wurde Dietmar Schulz Mitglied des englischen Norwich Clubs, und Margret bot ihm ihre Reserve-Siegerin der Crufts an, „Culswood Chantilly“.

Von da an ging es bergauf mit der Zucht. Heute würde man sagen, Dietmar war super vernetzt und erfuhr einiges über die verschiedenen Linien; natürlich oft nur hinter vorgehaltener Hand: „selfwelping line“, „no breathing problem“, „no cancer line!, „some generations with no cramps“. In den 80er und 90er Jahren importierte Dietmar Schulz etwa zehn Rüden und 30 Hündinnen zur Erweiterung des Genpools. Das klingt viel, bedeutet aber per anno einen Hund.

Seine Tochter Andrea züchtete ebenfalls Norwich Terrier. Im August 2011 wurde schließlich die Zuchtgemeinschaft mit ihrem Vater wiederbelebt. Es fiel Andrea damals nicht leicht, ihren eigenen Zwingernamen „of Hemlock´s Gang“ aufzugeben, aber so sind nun einmal die Vorschriften des Klubs. Wir haben im Zuchtbuchamt nachgefragt: In der Datenbank sind die Würfe erst ab dem Jahr 1997 erfasst mit 147 Würfen und 227 Welpen.

Auch auf Ausstellungen waren die „Litzlbacher“ erfolgreich, wenngleich Dietmar und seine Tochter in den letzten Jahren immer weniger im Ring zu sehen waren. Nach eigenen Angaben wurden über 1000 Anwartschaften auf Siegertitel, über 300 eintragungsfähige Champion-Titel (inkl. Jugendchampionate), zwölf Weltsieger, über 15 Europasieger, über 30 Bundessieger- (D und A) und über 40 Klubsieger-Titel (D, A, Z, CH) errungen.

Dietmar wäre nicht Dietmar gewesen, wenn er nicht stets kompromisslos versucht hätte, andere Züchter von seiner Ansicht über die Gesundheit der Norwich Terrier – bzw. deren Gefährdung – zu überzeugen. Neben den ideopathischen Anfällen war es vor allem das Obere-Luftwege-Syndrom (OLS), das ab dem Jahr 1992 für viele heiße Diskussionen unter den Norwich-Terriern-Züchtern gesorgt hat. Dietmar und seiner Frau Brigitte, einer Schweizerin, gelang es, Professor Schawalder von der Kleintierklinik der Universität Bern für das OLS (Oberes Luftweg Syndrom) beim Norwich Terrier zu interessieren. Prof. Schawalder setzte bei der eidgenössischen Regierung im Rahmen einer Dissertation die Forschung darüber durch. Die damaligen Erkenntnisse sind noch heute die Grundlage für die Laryngoskopien, die bei allen Norwich Terriern durchgeführt werden müssen, will man mit ihnen im Klub für Terrier züchten.

Egal, wie man zu Dietmar Schulz stand, ob man ihn mochte oder nicht: Es gibt kaum eine deutsche Ahnentafel, in der der Name Litzlbach nicht zu finden ist. Mit Dietmar Schulz verliert die deutsche Norwich-Terrier-Zucht einen ihrer leidenschaftlichsten Anhänger. Ja, Diskussionen mit Dietmar konnten sehr anstrengend sein – verbissen und unnachgiebig wie er war –, aber Dietmar Schulz war auch ein wandelndes Lexikon, wenn es um die verschiedenen Linien unserer Norwich Terrier ging. Nannte man ihm einen, vor allem englischen, Zwingernamen, ratterte er Hundenamen und Besonderheiten herunter. Ließ man in der Unterhaltung mit ihm die strittigen Themen beiseite, war es eine Freude, ihm zuzuhören. Schade, dass sein umfassendes Wissen nun mit ihm begraben ist.

Nicht vergessen wollen wir die Ehrenämter, die Dietmar im Laufe der Jahre im Klub für Terrier bekleidete: als Rassebeauftragter, im Vorstand der Landesgruppe Bayern und in der Ortsgruppe München von 1909. Zudem war er Gründungsmitglied und im Vorstand der OG Gäuboden-Niederbayern.

Seine Tochter Andrea führt nun den Zwingernamen fort. Im Namen aller Norwich-Terrier-Züchter in Deutschland sprechen wir Andrea Schulz und ihrer Familie unser herzliches Beileid aus.

Regina Wack
Rassebeauftragte

Den Nachruf verfasste Uschi Anders.